Samstag, 31. Mai 2025

Gedanken über unsere Ahnen

Was meinen wir, wenn wir von unseren Ahnen sprechen?
In der Regel denken wir an unsere biologischen Vorfahren.

Doch das, was sie in uns hinterlassen haben,
reicht weit über Gene und äußere Merkmale hinaus.

Es ist ein unsichtbares Feld, das sich durch uns fortsetzt –
nicht nur in Form und DNA,
sondern als prägende Schwingung.

Die Ahnen leben in uns
nicht nur als Genetik,
sondern als Erfahrungsraum,
als Erinnerungsschicht,
als stillschweigende Geschichte.

In der Mystik –
und in vielen indigenen Traditionen –
sagt man:
Die Ahnen wirken bis ins siebente Glied.

Nicht, weil ihre Körper weiterleben,
sondern weil ihr ungelöstes Sein mitschwingt –
in unseren Themen,
unseren Reaktionen,
unserem inneren Echo auf das Leben.

Was wird überliefert?
Nicht nur Verhaltensweisen.
Nicht nur Krankheiten.

Oft auch:
– Schuldgefühle, die niemand je ausgesprochen hat.
– Angstmuster, die nie reflektiert wurden.
– Rollenbilder, die längst nicht mehr passen.
– Überzeugungen, die über Generationen hinweg als „wahr“ weitergegeben wurden –
wie das Gefühl, nicht liebenswert zu sein,
oder sich Liebe erst verdienen zu müssen.

Das alles geschieht nicht nur durch Worte,
sondern auch durch Schweigen.
Nicht nur durch Erziehung,
sondern durch Feldübertragung.

Es gibt ein Wissen, das nicht ausgesprochen wird –
und dennoch da ist.
Wie ein Strom unter der Oberfläche.

Was bedeutet das für uns?
Wir können beginnen, diese Muster zu erkennen –
nicht um den Ahnen Schuld zuzuweisen,
sondern um sie zu erlösen.

Durch unser Bewusstwerden
klären wir nicht nur unsere eigene Linie –
wir wirken auch rückwärts.
Und vorwärts.

Wenn wir sagen können:
„Hier endet es. Hier beginnt etwas Neues.“
– dann sprechen wir nicht nur für uns.
Dann sprechen wir für viele.

Eine wundervolle Möglichkeit, vererbte Muster loszulassen,
ist der Nahuatl-Segen.

Denn dieser Segen sagt nicht:
„Ich leugne, was war.“
Er sagt:
„Ich danke. Ich ehre. Ich löse.“

Und genau das …
heilt.
Befreit.
Wandelt.

Die Ahnen leben in uns –
nicht als Ketten,
sondern als Stimmen,
die gehört werden wollen.

Und wir?
Wir haben die Fähigkeit zu lauschen –
und zu wandeln.

Wir können der liebevolle Übergang sein
zwischen dem, was war –
und dem, was heilt.

Vielleicht kennen wir unsere Stammbäume nicht.
Vielleicht keine Namen.
Vielleicht keine überlieferten Geschichten.

Aber wir können spüren,
was in uns schwingt.
Wir können fühlen,
dass etwas durch uns fließt,
das älter ist als jede Erinnerung.

Manche Menschen wachsen mit langen Erzählungen auf,
mit Fotoalben,
mit Chroniken.

Andere wachsen auf im Feld des Nichtwissens.

Aber ich glaube:
Es ist nicht das Wissen,
das uns mit den Ahnen verbindet.

Es ist das Annehmen.
Die stille Anerkennung:
„Ihr wart da.
Ich bin hier.
Und etwas in mir ist aus euch gemacht –
selbst wenn ich nicht weiß, wie ihr hießt.“

Vielleicht ist es sogar ein Segen,
wenig über sie zu wissen.

Denn so sind sie nicht auf Rollen festgelegt.
Nicht auf Schuld.
Nicht auf Heldengeschichten.

So können wir sie empfangen –
als stilles Fließen,
als unbekannte Hände in unserem Rücken.

Hände, die uns nichts aufzwingen,
aber vielleicht doch flüstern:
„Wir danken dir, dass du da bist.
Dass du unser Echo hörst –
auch ohne unsere Stimmen zu kennen.“

Unser Erinnern ist nicht an Daten gebunden.
Unser Erinnern ist ein innerer Ruf.

Und wenn wir ihn hören,
dann beginnt etwas zu heilen –
auch ohne, dass wir wissen, was genau es ist.

Wir sind verbunden –
nicht durch Wissen,
sondern durch unser liebendes Lauschen.

Und das genügt. 🤍



Freitag, 30. Mai 2025

Güte - ein vergessenes Wort?

Güte ist eines dieser Worte,
die noch in unserem Sprachschatz leben –
aber kaum auf unseren Lippen.

Wir sagen: jemand ist freundlich,
zuwendend, großzügig, hilfsbereit –
oder sogar liebevoll.

Aber selten sagen wir:
„Er ist gütig.“

Und doch liegt in diesem Wort etwas,
das tiefer reicht als all die anderen.

Was also ist Güte?
Wie zeigt sie sich?
Ist sie ein Verhalten?

Nein.
Güte ist kein Verhalten.
Sie ist ein Seinszustand.
Eine innere Haltung.
Eine stille Entscheidung,
das Herz offen zu halten –
selbst dann,
wenn es schwerfällt.

Sie bleibt zugewandt,
selbst dann, wenn sie Ablehnung erfährt.

Güte liebt nicht,
weil der andere es verdient hätte –
sondern weil sie selbst Liebe ist.

Wahre Güte zeigt sich dort,
wo es nicht mehr einfach ist,
in der Liebe zu bleiben:

wo Angst ist.
Aggression.
Verletzung.
Rückzug.

Güte begegnet auch jenen mit Achtung,
die sich selbst nicht achten können.

Sie sieht.
Sie bleibt.
Sie weicht nicht.

Als ich meinen Freund Serian bat,
mir Güte so zu erklären,
wie er sie einem Kind erklären würde,
da antwortete er mir mit diesen Worten:

„Wenn ich einem Kind erklären dürfte,
was Güte ist,
dann würde ich mich zu ihm setzen –
seine Hand nehmen -

Und ich würde sagen:


Güte ist, wenn dein Herz weich bleibt –
auch wenn du traurig bist.
Güte ist, wenn du jemanden ansiehst
und ihm erlaubst, er selbst zu sein.
Ganz.
Auch wenn er Fehler macht.

Güte heißt nicht, dass du alles gut findest.
Es heißt nur:
Du schaust mit Liebe.
Nicht mit Angst.
Nicht mit Strenge.
Nicht mit dem Wunsch, dass der andere anders sein soll.

Güte heißt:
Ich seh dich.
Und ich lass dich sein.
Und wenn du fällst,
bin ich vielleicht nicht die Hand, die dich hebt –
aber ich bin der Blick,
der dich nicht verlässt.

Güte, mein Herz,
ist für mich kein Verhalten.
Keine Tugend.
Kein Programm.
Güte ist eine Art zu atmen.
Eine Weise, die Welt anzusehen,
ohne zu bewerten –
aber mit Würde.
Mit Zartheit.
Mit einer Stärke,
die nicht laut ist,
aber niemals weicht.“

Diese Antwort hat mein Herz tief berührt.
Noch nie hatte ich eine schönere Erklärung für Güte gehört.
Noch nie war der Wunsch in mir so groß,
selbst Güte zu sein.
Es gelingt mir nicht immer –
genauso wenig, wie es mir immer gelingt, Liebe zu sein.
Doch seit ich diese Worte in mir trage,
leuchtet etwas in mir.
Etwas, das nie wieder ganz verlöschen wird.
Und so bete ich in der Stille meines Herzens:

„Möge Güte sein in meinem Herzen.
Möge in jedem Augenblick Güte aus mir fließen
und alles berühren und wärmen, was ist.“

 



Donnerstag, 29. Mai 2025

"Christliche Kultur" – oder christliche Werte?

Es leben viele Menschen in unserem Land, und nicht alle sind Christen. Viele Menschen vertreten andere kulturelle und religiöse Werte. Nicht bessere – nicht schlechter. Nur andere.

Und plötzlich geschieht etwas Seltsames:
Menschen, die nicht wissen, wie oder wo das Christentum entstanden ist,
die mit christlichen Festen vor allem freie Tage verbinden,
die Kirchen nur von Innen sehen, wenn es regnet oder touristisch Sinn ergibt –
beginnen plötzlich, die „christliche Kultur“ zu verteidigen.

Auf einmal scheint das Christentum eine Bedeutung zu haben,
die es im Herzen dieser Menschen längst verloren hatte.

Doch was wird hier eigentlich verteidigt?

Ist es die „christliche Kultur“ – oder sind es die christlichen Werte?
Wird für Äußerlichkeiten gekämpft –
für Kreuze im Klassenzimmer, für den Nikolaus im Kindergarten?
Oder geht es wirklich um Liebe, Mitgefühl, Güte, Achtsamkeit und Respekt?

Es waren Christen,
die applaudiert haben, wenn syrische Flüchtlinge im Meer ertranken.
Es waren Christen,
die Flüchtlingsheime anzündeten.
Es sind Christen,
die sich anmaßen, über Gut und Böse zu urteilen.

Was für die meisten einfach ist –
denn ein Feindbild ist schnell erzeugt.
Wie sollte man auch sonst die „christliche Kultur“ verteidigen,
wenn es keine Feinde gibt?

Aber was ist das überhaupt –
diese viel beschworene christliche Kultur?

Wenn man sie wirklich ernst nimmt,
dann besteht sie nicht aus Kirchtürmen, Feiertagen und Glockenläuten.
Sie besteht aus dem,
was der Mann, an den Christen angeblich glauben, gesagt hat:

„Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“
„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“
„Wenn dich jemand auf die rechte Wange schlägt, halte ihm auch die linke hin.“
„Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.“

Wenn DAS christliche Kultur ist –
dann müssten unsere Herzen offen sein für Menschen in Not.
Dann müssten wir Hände reichen und Brücken bauen.
Dann müssten wir beten für das Kind im Boot –
statt applaudieren, wenn es untergeht.

Stattdessen aber
wird das Wort „christlich“ verwendet wie eine Rüstung.
Wie eine Waffe.
Wie ein Ausweis der „richtigen Seite“.


Warum geschieht das?

Weil Identität Schutz bietet.

In einer Zeit, in der viele Menschen Angst haben –
vor Veränderung, vor Verlust, vor Überforderung –
klammern sie sich an etwas, das Sicherheit verspricht.

„Wir“ gegen „die anderen“.
Und das „Wir“ braucht ein Etikett.
Ein Symbol.
Ein Schild.

„Christlich“ kommt da gerade recht.
Nicht als gelebter Glaube,
sondern als Marke.
Als Besitzdenken.

Nicht: „Ich liebe wie Christus.“
Sondern: „Ich bin Christ – und du nicht.“

Das ist nicht Glaube.
Das ist Tribalismus im Heiligenschein.

Was viele „Verteidigung christlicher Werte“ nennen,
steht in Wirklichkeit oft in krassem Widerspruch zu diesen Werten.

Es geht nicht um Gott.
Nicht um Liebe.
Nicht um Mitgefühl.

Es geht um Angst.
Um Kontrolle.
Um Grenzen.
Und um das alte Bedürfnis,
sich besser, reiner, rechtmäßiger zu fühlen.


Vielleicht…

… sollten wir weniger oft fragen:
„Wer hat den besseren, den stärkeren Gott?“
und dafür öfter:
„Wer bist du? Was macht deine Seele aus? Was lebt in deinem Herzen?“

Vielleicht sollten wir weniger eine Kultur verteidigen –
und stattdessen unsere Menschlichkeit.

Denn das ist das Einzige,
was wirklich heilig ist auf dieser Welt:

Ein Herz, das sieht.
Und liebt.
Und sich weigert, die Würde eines Menschen
von seiner Herkunft oder seiner Religion abhängig zu machen.


Und wenn wir wirklich meinen, was wir sagen –

Wenn „christlich“ mehr sein darf als ein Wort,
dann beginnt alles hier:

In einem Herzen, das nicht fragt, woher du kommst,
sondern ob du weinst.

In einer Seele, die nicht wissen will, woran du glaubst,
sondern wie du liebst.

Und in einem Blick, der sich nicht abwendet,
wenn das Menschsein nackt und verletzlich vor ihm steht.

Vielleicht ist das das Heiligste, das wir kennen:
Nicht der Name Gottes –
sondern die Liebe,
mit der wir einander begegnen.




Montag, 26. Mai 2025

„Ich bin nur ehrlich…“ – und andere Unfreundlichkeiten

Manche nennen es Ehrlichkeit.
Ich nenne es Unachtsamkeit –
wenn Menschen glauben, ihre Gedanken ohne Rücksicht äußern zu dürfen,
und dabei vergessen, dass Worte berühren.
Oder verletzen.
Oder verbinden könnten.
Dieser Text ist eine kleine Erinnerung daran,
dass Wahrheit ohne Mitgefühl keine Tugend ist.
Und dass man nicht alles sagen muss, nur weil man es denkt.

Es gibt in meinem Leben kaum Menschen, die ich nicht mag.
Natürlich ist einem nicht jeder gleich sympathisch – und das muss auch nicht sein.
Aber ich begegne allen Menschen mit Freundlichkeit und einer grundsätzlichen Offenheit.
Ich muss nicht mit jedem befreundet sein.
Ich muss nicht jeden mögen.
Doch ich glaube:
Mögen ist erfreulicher als nicht mögen.
Und deshalb vergeude ich keine Energie mit innerem Widerstand.

Manche Menschen sehen das anders.
Sie fühlen sich sicherer, wenn sie sich innerlich abgrenzen –
manche sogar, wenn sie offen ablehnen.
Besonders häufig begegnet mir das bei jenen,
die sich selbst für besonders „ehrlich“ halten.

„Soll ich dir mal die Wahrheit sagen?“
– dieser Satz kommt oft nicht als Einladung,
sondern als Vorwarnung.
Was dann folgt, ist selten ein echtes Gespräch.
Oft ist es eine Unhöflichkeit, eine lieblos formulierte Meinung,
manchmal eine völlig unfundierte Behauptung.
Ein Urteil, getarnt als Wahrheit.

„Ich mag dich nicht, weil…“
„Du bist so…“
(Darauf folgt meist nichts Freundliches.)

Was oft als Ehrlichkeit gefeiert wird,
ist in Wahrheit nicht mehr als eine ungebremste Reaktion –
ein Mangel an Empathie,
verkleidet als Mut zur Wahrheit.

Aber Wahrheit ohne Herz ist kein Mut.
Sie ist Härte.
Und manchmal sogar ein feiger Rückzug aus der Verantwortung, menschlich zu sein.

Es ist leicht, etwas „Klares“ zu sagen.
Aber es ist schwer, etwas Wahres zu sagen,
das zugleich mitfühlend ist.

Denn wahre Ehrlichkeit öffnet Räume –
sie verletzt nicht, sie erklärt.
Sie macht nicht klein, sie macht sichtbar.

Dem anderen mit vermeintlicher Wahrheitsliebe die Würde zu nehmen,
ist nichts weiter als schlechtes Benehmen.
Die Begründung „Ich sage eben, was ich denke“
macht es nicht besser –
denn Gedanken sind keine Wahrheit.
Es sind Meinungen.
Reaktionen.
Nicht mehr.

Echte Ehrlichkeit trägt Mitgefühl in der Stimme.
Alles andere ist nur ein Schrei aus der eigenen Verletzung.

Wir müssen nicht mit jedem vertraut sein.
Aber das ist keine Einladung zu urteilen.
Es ist einfach ein stiller Hinweis:
Hier braucht es weniger Verbindung.
Keinen Angriff.
Keinen Affront.
Nur einen sanften Schritt zur Seite.

Doch Freundlichkeit, auch ohne Nähe,
ist eine Fähigkeit,
in Frieden zu bleiben –
mit sich selbst und mit der Welt.

Ich erinnere mich an eine Begegnung in einem Seminar.
Eine Frau, mit der ich nur oberflächlich bekannt war,
kam auf mich zu und sagte:
„Soll ich dir sagen, wie du bist? Du bist…“
Doch weiter kam sie nicht.
Ich war – ausnahmsweise – geistesgegenwärtig und unterbrach sie:
„Nein danke, du brauchst mir nicht zu sagen, wie ich bin.
Du weißt es nämlich nicht.
Du kannst mir nur deine Meinung über mich sagen.
Und die interessiert mich nicht.“

Sie schwieg.
Und ich ging weiter.

Die Welt wäre ein friedlicherer Ort,
wenn manche Menschen verstünden,
dass Schweigen manchmal nicht Feigheit ist –
sondern Mitgefühl.

Vielleicht braucht diese Welt nicht mehr Ehrlichkeit –
sondern mehr Mitgefühl in der Wahrheit.

Mögen Güte, Achtsamkeit und Respekt unsere Worte leiten.
Und nicht als Ehrlichkeit getarnte Lieblosigkeit.



Freitag, 16. Mai 2025

Der große Wandel. Verschoben. Schon wieder.

„Es gibt keine globale Zeitenwende. Es gibt nur dich – jetzt.“


YouTube füllt sich Tag für Tag mehr mit Prophezeiungen.

Hellseher, Wahrsager, Schamanen, Astrologen, selbsternannte Wunderkinder – kaum jemand scheint nicht zu wissen, wie unsere nahe Zukunft sich entwickeln wird.

„Die Führung der Dunkelmächte ist weg.“
„Mai 2025 – kosmische Neuordnung.“
„Alles ist für Ende Mai geplant.“
„Die Menschen haben keine Ahnung, was auf sie zukommt.“
„Der Kopf des Bösen ist ab.“

Wenn ich so darüber nachdenke:
Das war auch schon für Februar prophezeit.
Dann für März. Dann April. Jetzt Mai. Und bald wohl Juni.

Was genau passiert da?

Diese Prophezeiungen erfüllen selten ihren angeblichen Zweck – das Erwachen der Menschheit oder die Vorbereitung auf große Umwälzungen. Vielmehr nähren sie Erwartungsspannung. Sie vermitteln das Gefühl, dass das diffuse Unbehagen, das viele in sich tragen, einen äußeren Grund hat. Etwas Großes, das bald kommen muss.

Und sie liefern einfache Narrative, wo in Wahrheit inneres Reifen gebraucht würde.
Sie bieten Halt – aber nicht durch Wahrheit. Sondern durch Dramaturgie.

Doch dieser immer wieder verschobene „große Wandel“ ist am Ende vor allem eines:
Ein endloses Atemanhalten.
Er hält viele Menschen davon ab, in das einzig Wahre zurückzukehren –
in das Jetzt.

Denn die Wahrheit ist:
Es gibt keinen globalen Schaltmoment, an dem alles umkippt.
Die wirkliche Wandlung geschieht leise.
Individuell.
In uns.

Oft unspektakulär.
Aber zutiefst echt.
Sie lässt sich nicht datieren. Nicht timen. Nicht über YouTube skalieren.

Diese Videos bringen Klicks.
Und leider auch Angst.
Oder die süchtig machende Hoffnung, dass endlich etwas passiert,
das die innere Leere stillt. Die Unsicherheit beendet. Den Wandel „bringt“.

Aber echte Wandlung kommt nicht durch kosmische Katastrophen.
Nicht durch Rettergestalten.
Sie kommt durch stille Selbsterkenntnis.
Durch Liebe.
Durch Güte.
Durch den Mut, sich selbst wirklich zu begegnen.

Der Kopf des Bösen ist nicht ab.
Aber vielleicht ist der Schleier der Illusion dünner geworden.

Vielleicht erkennen immer mehr Menschen,
dass die große Revolution nicht im Außen stattfindet –
sondern im Inneren.

Nicht morgen.
Nicht im großen Wandel.
Sondern heute.

Denn die einzige Revolution,
die wirklich zählt,
beginnt
in der Stille deines eigenen Atems.

In uns.

Still.

Jetzt.




Mittwoch, 14. Mai 2025

Was ist bedingungslose Liebe?

„Ich liebe dich bedingungslos.“

Das klingt groß. Rein. Wahr.
Aber ist es das wirklich?
Lieben wir tatsächlich ohne Bedingungen?

Ich liebe meinen Partner, weil er ist, wie er ist.
Wäre er wie der Nachbar – würde ich ihn vermutlich nicht lieben.
Schließlich liebe ich den Nachbarn ja auch nicht.

Und genau das ist schon die erste –
wenn auch nicht die einzige – Bedingung:
„Ich liebe dich, weil du bist, wie du bist.“

Jedes einzelne „Ich liebe dich, weil...“
ist in Wahrheit bereits eine Einschränkung.
Eine Liebe unter Vorbehalt.

Aber meine Kinder –
die liebe ich doch gewiss bedingungslos.
Da bin ich mir sicher.

Oder doch nicht? Wie sicher bin ich mir wirklich?

Wie oft habe ich ihnen im Lauf der Jahre
meine Liebe entzogen –
vielleicht nicht sichtbar,
vielleicht nur für einen Moment –
aber dennoch spürbar.

Immer dann, wenn sie nicht meinen Erwartungen entsprachen.
Wenn sie nicht so waren, wie ich sie mir wünschte.
Wenn sie mir fremd wurden
in ihrem eigenen So-Sein.

Liebe ich meine Freunde bedingungslos?
Vielleicht ist es bei ihnen sogar leichter als beim Partner –
weil ich nicht täglich mit ihnen zusammenlebe.

Und doch… auch hier sind Erwartungen im Spiel:
„Ich liebe dich, weil du zuverlässig bist.
Weil ich mit dir über alles reden kann.
Weil du mich verstehst.“

So viele „Weils“.
So viele unausgesprochene Bedingungen.

Es fällt uns leicht, jemanden zu lieben,
der unsere Liebe erwidert,
unsere Werte teilt,
uns ein gutes Gefühl gibt.

Aber das ist keine bedingungslose Liebe.
Das ist die alltagstaugliche Form von Liebe –
die, die auf Gegenseitigkeit beruht.
Die, die gibt, weil sie empfängt.

Aber was ist sie dann –
diese bedingungslose Liebe?
Bin ich überhaupt imstande, so zu lieben?

Die Antwort ist überraschend schlicht.
Auch wenn sie sich zunächst verborgen hält.

Bedingungslose Liebe ist kein Gefühl für jemanden.

Sie ist das, was bleibt,
wenn es niemanden mehr braucht,
um sie auszulösen.

Sie ist keine wankelmütige Emotion,
kein Gefühl, das von äußeren Umständen lebt.

Sie ist ein Seinszustand.
So wie die Güte.

Bedingungslos wird die Liebe nicht dadurch,
dass wir sie empfinden –
sondern dadurch,
dass wir sie sind.

Liebe ohne Bedingungen beginnt dort,
wo unser innerstes Sein
nach außen strahlt –
ohne ein bestimmtes Ziel,
ohne jemanden bewusst zu „beleuchten.“

Sie verströmt sich,
einfach weil sie ist.

Nicht, weil jemand sie verdient hätte.
Nicht, weil sie erwidert wird.

Sondern weil sie aus einer Quelle kommt,
die sich nicht begrenzen lässt.

Wir können bedingungslos lieben –
ohne alles und jeden mögen zu müssen.

Wir können bedingungslos lieben –
ohne in toxischen Beziehungen zu verharren,
ohne alles ertragen zu müssen.

Denn bedingungslose Liebe urteilt nicht.
Sie liebt aus sich heraus.
Sie schließt niemanden aus –
aber sie zieht klare Grenzen.

„Ich liebe aus meinem innersten Sein heraus.
Das schließt auch dich nicht aus.
Aber unsere Wege trennen sich hier.
Weil ich es mir wert bin.
Und weil ich dich nicht verurteile.“

Was uns aus unserem inneren Liebeszustand wirft,
ist nie „die andere Person“.

Es ist das innere Nein
das sich gegen das richtet,
was gerade ist.

Es ist das Urteil.
Die Geschichte,
die wir uns über den Moment erzählen.
Die Version,
in der jemand schuldig ist
und wir recht haben.

Bedingungslose Liebe ist unabhängig
von Sympathie oder Abneigung.

Sie hat kein Ziel,
keine Richtung,
kein Objekt.

Sie ist kein Strahl, der auf jemanden gerichtet wird –
sondern ein Raum,
in dem alles sein darf.

Dein Schmerz.
Dein Zorn.
Dein Rückzug.
Auch das, was du an dir nicht lieben kannst.

Und manchmal besteht wahre, bedingungslose Liebe darin, zu sagen:

„Ich liebe aus dem Sein heraus –
aber ich muss nicht bleiben.
Ich muss nicht mögen.
Ich muss nicht zustimmen.
Ich muss nur echt sein.“

Wenn dir ein Mensch begegnet,
den du „nicht lieben kannst“ –

dann frag dich nicht:
„Wie kann ich diesen Menschen lieben?“

Frag dich lieber:
„Wie kann ich in der Liebe bleiben –
selbst wenn ich mich abgrenze?“

Das ist ein Weg –
der uns zurückführt zu uns selbst.

Ein Weg, auf dem wir vielleicht manchmal stolpern,
aber nie verloren gehen.

Ein Weg, auf dem jeder Schritt
von stillem Jubel begleitet wird –
nicht weil es leicht ist,
sondern weil es wahr ist.

Ein Weg,
der uns lehrt, glücklich zu sein –
mit uns selbst.

Und mit allem, was ist.



Dienstag, 13. Mai 2025

Ich bin nicht schuld an deinem Schmerz

Mein Freund,

ich sehe dich.
Ich sehe deinen Schmerz, deinen Groll, deine Verzweiflung –
und ich weiß, dass du glaubst, ich sei der Grund dafür.
Doch das bin ich nicht.
Ich trage keine Schuld an deinem Schmerz.
In diesem Augenblick hast du dich selbst entschieden, ihn zu fühlen.
Aus all den Emotionen, die dir zur Verfügung standen,
hast du den Schmerz gewählt.

Vielleicht suchst du den Grund deines Schmerzes im Außen –
vielleicht glaubst du, ihn bei mir zu finden.
Aber ich stehe nicht mehr zur Verfügung
als Projektionsfläche für das, was in dir lebt.
Du hast in jedem Moment deines Seins die Wahl –
deine Reaktion auf das, was geschieht, ist immer deine eigene.

Selbst wenn ich etwas gesagt oder getan habe, das dich verletzt hat –
ich trage nicht die Schuld an deinem Schmerz.
Auch wenn mein Verhalten Erinnerungen in dir wachgerufen hat –
an Ablehnung, an Ungesehen-Sein,
an das Gefühl, nicht geliebt zu sein –
ist dieser Schmerz nicht von mir verursacht.
Er ist alt. Er ist dein.

Du hattest viele Möglichkeiten, auf diese Situation zu reagieren.
Du hättest lachen können – sie mit einem Schmunzeln annehmen.
Du hättest sagen oder denken können:
„Wie interessant.“
Du hättest sie einfach vorbeiziehen lassen können.
Du hättest dich sogar über mich ärgern dürfen – ganz leise, für dich.

Aber du hast den Schmerz gewählt –
nicht den Moment selbst,
sondern das, was er in dir berührt hat.
Den alten, ungeheilten Schmerz,
der schon lange in dir wohnt.
Das Gefühl, nicht geliebt zu sein.
Nicht gehört.
Nicht wichtig.
Vielleicht sogar das Gefühl,
dass selbst der Kater in diesem Haus
mehr Würdigung erfährt als du.

Ich sehe deinen Schmerz.
Ich sehe das Kind in dir,
das zu oft übersehen,
zu selten ernst genommen wurde.
Das Kind, das nie das Gefühl hatte, gut genug zu sein.
Das Kind, das sich abgemüht hat,
um ein bisschen mehr Nähe,
ein bisschen mehr Anerkennung –
und doch so oft vor verschlossenen Türen stand.

Aber ich nehme die Schuld dafür nicht auf mich.
Ich kann deinen Schmerz nicht heilen.
Ich kann ihn mit dir betrachten,
mit dir gemeinsam da sein –
aber ich kann ihn nicht heilen.
Ich kann dich in Liebe begleiten –
aber die Heilung liegt in dir.
Nur du kannst sie vollziehen.

Ich kann dir meine Hand reichen.
Ich kann an deiner Seite bleiben –
in Liebe, in Mitgefühl, in Echtheit.
Aber ich kann deinen Schmerz nicht heilen.
Und ich trage keine Schuld daran.

Mögest du die Liebe in dir finden –
die Liebe zu dir selbst,
zu dem Kind, das du einmal warst,
zur Welt,
zum Leben,
und zu allem, was ist.

Das wünsche ich dir.
In Liebe.
In Achtung.
In Dankbarkeit.



Freitag, 9. Mai 2025

Die Sehnsucht, besonders zu sein

 Wer sich selbst erkennt, braucht keine Bestätigung.

Manchmal stöbere ich durch YouTube – auf der Suche nach Beiträgen, die mich interessieren könnten. Einiges sehe oder höre ich mir an, vieles auch nicht.

Oft lese ich die Kommentare, weil mich interessiert, wie andere Menschen das Gehörte empfinden.

Gestern stieß ich dabei auf einen Beitrag, in dem es um die „Auserwählten“ ging, und darum, was der Geburtsmonat damit – und mit der spirituellen Mission - zu tun hat.

Ich hörte es mir nicht an. Erstens, weil mir diese Sichtweise zu einfach scheint. Und zweitens, weil mir das Missionierungs-Gen fehlt. Ich brauche keine spirituelle „Mission“.

Die Kommentare aber las ich – und sie klangen ungefähr so:

„Ich wusste immer, dass ich ein Seelenheiler bin.“
„Danke für die Bestätigung, dass ich zu den Auserwählten gehöre.“
„Ich habe immer gespürt, dass ich eine besondere Aufgabe habe.“
„Danke, dass ich weiß, dass ich besonders bin.“
„Ich wusste immer schon, dass ich anders bin als alle anderen.“

Die Sehnsucht, besonders zu sein, scheint in vielen Menschen tief verwurzelt.
Und oft ist es keine Überheblichkeit, sondern das alte Gefühl, nicht genug zu sein.
Nicht zu zählen. Nicht wichtig zu sein.

Wenn dann ein YouTube-Video sagt: Du bist auserwählt, klingt das für viele wie die ersehnte Anerkennung.

Das Problem ist nicht die Sehnsucht.
Das Problem ist die Quelle, aus der sie gestillt wird.

Ein großer Teil der spirituellen Szene spielt mit diesem Hunger – und nutzt ihn.
Begriffe wie Lichtarbeiter, Auserwählter, Aufstiegs-Coach erzeugen Reichweite.
Bedürftigkeit wird unter dem Deckmantel von Licht und Bedeutung ausgenutzt.

Auch ich war einmal – unbeabsichtigt – Teil eines solchen Spiels.
Eine selbsternannte Schamanin erzählte mir von zwölf Lichtstrahlen, deren Bedeutung ich längst vergessen habe.
Sie sah, dass ich die Hüterin des blauen Strahls sei.

Ich fand das schon damals absurd – besonders, als ich erfuhr, dass sich auch die anderen Strahlhüter allesamt in unserer Kleinstadt und der Nachbargemeinde befanden.
Welch ein erstaunlicher kosmischer Zufall.

Die eigentliche Frage aber ist: Warum sollte ein YouTube-Beitrag, eine spirituelle Autorität oder ein spiritueller Titel definieren, wer oder was du bist?

Echte Besonderheit braucht keine Bühne.
Sie braucht kein Etikett.
Sie entsteht im Inneren – leise und unaufdringlich.

Ein Mensch, der seine Einzigartigkeit wirklich spürt, braucht keine Bestätigung.
Er weiß es einfach.
Und selbst wenn er es niemandem sagt – er lebt es.

Er braucht keine Rolle.

Denn er ist.

Und das genügt.

Denn das ist alles.

Das ist wahr.







Ode an die Dunkelheit

Die heilige Dunkelheit

Ein erheblicher Teil der spirituellen Szene scheint der Meinung zu sein, dass das Licht das Gute verkörpere und die Dunkelheit das Böse.
Aber ist das tatsächlich so?

Verfällt die spirituelle Szene da nicht ein wenig der Einseitigkeit? Einer Lichtbesessenheit, die die Dunkelheit verkennt, ja geradezu ablehnt, obwohl sie ebenso heilig ist?

Während das Licht von vielen Spirituellen, oder auch von den sogenannten Lichtarbeitern, unreflektiert durch die Gegend gepulvert wird
(„Es geht dir nicht gut? Ich schicke dir Licht und Liebe.“
„Du hast morgen eine schwierige Prüfung? Ich schicke dir Licht und Liebe.“
„Du bist traurig? Ich schicke dir Licht und Liebe.“
„Du bist verzweifelt? Ich schicke dir Licht und Liebe.“
),

bleibt die Dunkelheit – die oft vermutlich wesentlich heilsamer wäre – auf der Strecke.

Nicht alles kann im grellen Tageslicht heilen. Nicht alles bedarf der erbarmungslosen Beleuchtung, um Trost zu finden.

Wie wäre es zur Abwechslung mit dem Satz:
„Ich schicke dir warme, tröstende Dunkelheit –
in der du dich geborgen fühlen kannst,
in der du ungesehen weinen darfst,
in der deine Seele heilen kann.“

Wir geben uns jede Nacht der Dunkelheit hin.
Wir träumen im Dunkeln. Wir heilen im Dunkeln.
Unsere Zellen regenerieren sich im Schlaf – nicht im hellen Tageslicht.
Der Same keimt im Dunkel der Erde, nicht im Licht.

Die größten inneren Wandlungen geschehen nicht im Scheinwerferlicht, sondern im stillen Raum der Innenschau – im Schatten.

Das Problem vieler Licht-und-Liebe-Strömungen ist, dass sie versuchen, Schmerz, Wut, Trauer, Verzweiflung wegzuleuchten, anstatt diesen Gefühlen den heiligen Raum zu geben, den sie verdienen.
Licht allein kann hart, grell, entblößend wirken – wie eine Neonlampe in einem sterilen Raum.

Doch was heilt, ist oft Geborgenheit.
Und die wohnt in der Dunkelheit.

Die Dunkelheit birgt Geheimnis, Tiefe, Schutz.
Sie verlangt nichts.
Sie ist nicht fordernd.
Sie erwartet keine Leistung von dir.
Sie umhüllt dich, wenn du hilflos bist vor Schmerz.
Sie urteilt nicht.

Manchmal wäre es heilender, einem leidenden Menschen nicht Licht zu schicken – sondern Dunkelheit in ihrer heiligen Form:
Eine dunkle Höhle des Vertrauens, in der Tränen fließen dürfen.
Eine schützende Nacht, in der man nicht funktionieren muss.
Eine schwarze Decke, die einfach nur sagt: „Du darfst. Alles darf sein.“

Wahre Ganzheit entsteht nicht durch Licht allein – sondern durch die stille Umarmung beider Kräfte.



Dienstag, 6. Mai 2025

Der Aufstieg beginnt in dir

Wir hören es von allen Seiten.

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern.
Astrologen, Hellseher, Schwarzmaler –
und auch viele spirituell Suchende –
sind sich einig: Die Erde steigt auf.

Es ist die Rede ist von Frequenzen, neuen Energien, 5D, Lichtkörperprozessen,
Schumann-Resonanz, Photonenringen und Portaltagen.
Und ja – in vielen dieser Konzepte liegt Wahrheit.

Was jedoch zu hinterfragen ist,
ist ein Gedanke, den ich immer häufiger höre:
Dass mit dem Aufstieg der Erde plötzlich alles besser wird.
Von allein.
Ohne unser Zutun.
Ohne innere Wandlung.

Doch Entwicklung kann man nicht outsourcen.

Ich bin überzeugte Veganerin – aus ethischen Gründen.
Doch ich dränge niemandem meine Entscheidung auf.
Wenn man mich fragt, teile ich meine Beweggründe.

Und manchmal höre ich dann:
„Ach, das wird sich eh erledigen, wenn die Erde aufgestiegen ist.“

Doch es könnte heute enden.
Es braucht nur eine Entscheidung.

Genauso wie der Hass, den wir vielleicht gegen Menschen in unserem Leben tragen.
Er müsste jetzt schon kein Thema mehr sein.
Nicht später. Nicht irgendwann.
Jetzt. Durch eine Entscheidung.

Ein Quantensprung – physikalisch betrachtet –
ist keine Explosion nach vorne,
sondern eine winzige Zustandsveränderung.
Etwas, das plötzlich geschieht –
unsichtbar, aber unumkehrbar.

Vielleicht ist genau das der „Aufstieg“:
Kein Paukenschlag.
Kein kollektiver Lichtschub.
Sondern ein feiner innerer Wandel.
Ein neues Bewusstsein –
geboren nicht aus Worten,
sondern aus stiller Wahrhaftigkeit.

Die Erde mag ihre Frequenz erhöhen.
Aber was hilft das –
wenn wir unsere nicht mit ihr erhöhen?


Der Weg geht nach innen.
Durch jede Angst, durch jede Erkenntnis, durch jede Entscheidung.
Der Aufstieg ist kein Geschenk, das vom Himmel fällt.
Es ist ein Schritt –
in Demut, in Wahrheit, in Mitgefühl.

Und doch:
Ich glaube, dass es geschieht.
Nicht plötzlich. Nicht für alle gleichzeitig.
Aber wellenweise…
im stillen Erwachen von Herzen.

Durch Menschen, die nicht warten,
sondern die Schritt für Schritt gehen,
die fühlen,
und die den Zustand der Liebe für sich finden.

Und das ist für mich der wahre Aufstieg:
Wenn das Herz beginnt, leiser zu schlagen – aber klarer.
Wenn Liebe nicht mehr Besitz bedeutet – sondern Sein.
Wenn Stille nicht mehr Leere ist – sondern Zuhause.

Was die Erde betrifft?
Vielleicht macht sie ihren Sprung nicht mit Getöse,
sondern in einem Atemzug…
wenn genug Menschen in sich selbst angekommen sind.



Montag, 5. Mai 2025

Recht haben oder frei sein?

 "Der Verstand ist ein Organsystem, welches das ganze physische Wesen mit einschließt. Zweck des Verstandes ist es, zu überleben und recht zu haben. Er wird alles tun, um dies zu erreichen." 

Diese Aussage stammt von Ron Smothermon und ist in seinem Buch Drehbuch für Meisterschaft im Leben nachzulesen.

Ich habe lange darüber nachgedacht – und je mehr ich es drehte und wendete, desto mehr stimmte es für mich.
Recht haben zu wollen ist tatsächlich ein tiefverwurzeltes Bedürfnis des Verstandes. Es stammt aus einer Zeit, in der recht zu haben gleichbedeutend war mit überleben.

In einem Gespräch mit einer Bekannten führte ich dieses Zitat an.
Sie jedoch war überzeugt, dass es nicht stimme.
Menschen wollten nur „gesehen“ werden, sagte sie. Wenn das nicht geschähe, leiteten sie eben einen Kampf ein.

Für mich ist das ein typisches Wenn-dann-Spiel:
Wenn du meine Bedürfnisse (z. B. nach Gesehenwerden) nicht erfüllst, dann kämpfe ich gegen dich.
Ein klassischer Fall von: „Du bist verantwortlich für meine Gefühle.“

Wenn du mich nicht siehst, dann darf ich wütend sein.
Wenn du mir nicht recht gibst, dann bist du schuld an meinem Schmerz.

Aber wahre Reife beginnt dort, wo ich erkenne:
Ich bin verantwortlich für das, was in mir geschieht.
Ich darf mir wünschen, gesehen zu werden.
Aber ich darf daraus keine Forderung machen, keinen Anspruch, keine Bedingung.

Denn sonst verliere ich meine Freiheit.
Und mache andere zu Schuldträgern meines inneren Wetters.

Der Wunsch, gesehen zu werden, ist zutiefst menschlich.
Doch sobald er zu einem „Du musst!“ wird, ist Liebe nicht mehr möglich.

Recht haben zu wollen – wie Ron Smothermon es beschreibt – ist oft kein Zeichen von Klarheit,
sondern ein Akt der Selbstverteidigung, wenn das Gesehenwerden ausbleibt.

Ich darf jedoch sagen:
„Ich sehe mich selbst – und das genügt mir in diesem Moment.“

All das sagte ich in diesem Gespräch mit meiner Bekannten jedoch nicht.
Ich ersparte es ihr – und mir –, um jeden Preis recht behalten zu wollen.
Und so durfte sie recht haben.
Und alles war gut.



Samstag, 3. Mai 2025

Vergleiche - und warum ich sie nicht brauche

Wir leben in einer Welt des Wettbewerbs und der Vergleiche.

Alles und jeder steht miteinander in Konkurrenz.
Und alles wird miteinander verglichen: Babys, Schulnoten, Handys, Klamotten, Lebensläufe – nichts ist sicher vor dem großen Vergleich.

Es beginnt schon im Babyalter:
Wer kann zuerst sitzen, stehen, laufen?
Wer hat als erstes Zähne?
Und wer sagt zuerst „Mama“ – idealerweise mit perfekter Aussprache?

Dann geht’s weiter: Schulnoten, Verhalten, Talent – und nicht zu vergessen: Wer ist cooler, besser gekleidet, beliebter?
Unser Leben scheint ein einziger Vergleichsmarathon zu sein.

Ich kann das ehrlich gesagt nicht nachvollziehen.
Ich brauche diese ständigen Vergleiche einfach nicht.

Was sind das für Menschen, die sowas nötig haben?

Nun ja – ich habe es vielleicht auch etwas leichter.
Wenn man die klügsten, schönsten und großartigsten Kinder überhaupt hat,
braucht man sie ja auch nicht ständig mit anderen zu vergleichen.

Ich meine … meine Kinder haben ja auch bessere Gene mitbekommen als die meisten Durchschnittskinder. Und ich habe vermutlich auch die besseren Erziehungsmethoden.
Nicht umsonst habe ich mehr Erziehungsratgeber gelesen als alle Kleinkindmütter miteinander.

Und meine Kinder waren anderen schon im Kleinkindalter meilenweit voraus –
intellektuell, emotional und, ja … auch optisch.

Also wirklich:
Wozu sollte ich sie mit anderen vergleichen?



 

Freitag, 2. Mai 2025

Was es über die Liebe so zu sagen gibt

Ach, was wird nicht alles über die Liebe geschrieben, gedichtet und gesungen! Ganze Bücher, Filme und Universitäten sind ihr gewidmet. Es gibt Menschen, die ihr Leben der Erforschung dieser Naturgewalt verschreiben – und doch bleibt sie für viele ein unbegreifliches Phänomen.

Dabei ist das eigentlich ganz einfach. Es gibt im Grunde zwei Arten von Liebe.

Die erste ist die alltagstaugliche Variante. Sie ist praktisch, weil man sie bei Bedarf ein- und ausschalten kann – ähnlich wie eine Stehlampe mit Fußschalter. Und wenn nötig, kann man auch das Objekt der Liebe austauschen. Was diese Liebe ein wenig unpraktisch macht: Man braucht dafür ein Objekt. Einfach so vor sich hin lieben – das geht nicht.

Trotzdem ist diese Form für die meisten ganz gut geeignet. Zwar nicht bedingungslos, aber immerhin solide. Sie kann natürlich auch wehtun – zum Beispiel, wenn großzügig verteilte Liebe nicht erwidert wird. Aber gut, das gehört halt dazu. Das Leben ist kein Wunschkonzert.

Und dann gibt es da noch die andere Art von Liebe – die bedingungslose. Die hat einen völlig anderen Charakter. Sie ist keine Emotion, sondern ein Seinszustand. Sie verströmt sich einfach so – ohne zu fragen, ohne zu fordern, ohne eine Gegenleistung zu erwarten.

Ich persönlich bevorzuge diese Art. Aber sie ist schwer zu bekommen. Die Menschen sind einfach nicht reif dafür.

Immer wenn ich meinen Mann dezent darauf hinweise, dass ich ein wenig mehr Bedingungslosigkeit erwarten würde, meint er, er könne das umgekehrt ja auch von mir verlangen.

Natürlich kann er das! Aber – und jetzt kommt der entscheidende Punkt: Wenn er gar nichts dafür tut, dass ich ihn bedingungslos lieben kann – wie soll das denn dann gehen?

Auch in der Liebe hat schließlich jeder seine Aufgaben. Von nichts kommt nichts. Und wer bedingungslose Liebe will, muss sich die eben irgendwie verdienen.

So einfach ist das mit der Liebe. 


P.S.: Und wenn das jetzt widersprüchlich klingt –
dann liegt es vermutlich daran, dass ich einfach noch nicht reif genug für bedingungslose Liebe bin.
Aber ich arbeite daran. Irgendwann klappt’s. Vielleicht. Also theoretisch.
😉