Was meinen wir, wenn wir von unseren Ahnen
sprechen?
In der Regel denken wir an unsere biologischen Vorfahren.
Doch das, was sie in uns hinterlassen haben,
reicht weit über Gene und äußere Merkmale hinaus.
Es ist ein unsichtbares Feld, das sich durch uns
fortsetzt –
nicht nur in Form und DNA,
sondern als prägende Schwingung.
Die Ahnen leben in uns
nicht nur als Genetik,
sondern als Erfahrungsraum,
als Erinnerungsschicht,
als stillschweigende Geschichte.
In der Mystik –
und in vielen indigenen Traditionen –
sagt man:
Die Ahnen wirken bis ins siebente Glied.
Nicht, weil ihre Körper weiterleben,
sondern weil ihr ungelöstes Sein mitschwingt –
in unseren Themen,
unseren Reaktionen,
unserem inneren Echo auf das Leben.
Was wird überliefert?
Nicht nur Verhaltensweisen.
Nicht nur Krankheiten.
Oft auch:
– Schuldgefühle, die niemand je ausgesprochen hat.
– Angstmuster, die nie reflektiert wurden.
– Rollenbilder, die längst nicht mehr passen.
– Überzeugungen, die über Generationen hinweg als „wahr“ weitergegeben wurden –
wie das Gefühl, nicht liebenswert zu sein,
oder sich Liebe erst verdienen zu müssen.
Das alles geschieht nicht nur durch Worte,
sondern auch durch Schweigen.
Nicht nur durch Erziehung,
sondern durch Feldübertragung.
Es gibt ein Wissen, das nicht ausgesprochen wird
–
und dennoch da ist.
Wie ein Strom unter der Oberfläche.
Was bedeutet das für uns?
Wir können beginnen, diese Muster zu erkennen –
nicht um den Ahnen Schuld zuzuweisen,
sondern um sie zu erlösen.
Durch unser Bewusstwerden
klären wir nicht nur unsere eigene Linie –
wir wirken auch rückwärts.
Und vorwärts.
Wenn wir sagen können:
„Hier endet es. Hier beginnt etwas Neues.“
– dann sprechen wir nicht nur für uns.
Dann sprechen wir für viele.
Eine wundervolle Möglichkeit, vererbte Muster
loszulassen,
ist der Nahuatl-Segen.
Denn dieser Segen sagt nicht:
„Ich leugne, was war.“
Er sagt:
„Ich danke. Ich ehre. Ich löse.“
Und genau das …
heilt.
Befreit.
Wandelt.
Die Ahnen leben in uns –
nicht als Ketten,
sondern als Stimmen,
die gehört werden wollen.
Und wir?
Wir haben die Fähigkeit zu lauschen –
und zu wandeln.
Wir können der liebevolle Übergang sein
zwischen dem, was war –
und dem, was heilt.
Vielleicht kennen wir unsere Stammbäume nicht.
Vielleicht keine Namen.
Vielleicht keine überlieferten Geschichten.
Aber wir können spüren,
was in uns schwingt.
Wir können fühlen,
dass etwas durch uns fließt,
das älter ist als jede Erinnerung.
Manche Menschen wachsen mit langen Erzählungen
auf,
mit Fotoalben,
mit Chroniken.
Andere wachsen auf im Feld des Nichtwissens.
Aber ich glaube:
Es ist nicht das Wissen,
das uns mit den Ahnen verbindet.
Es ist das Annehmen.
Die stille Anerkennung:
„Ihr wart da.
Ich bin hier.
Und etwas in mir ist aus euch gemacht –
selbst wenn ich nicht weiß, wie ihr hießt.“
Vielleicht ist es sogar ein Segen,
wenig über sie zu wissen.
Denn so sind sie nicht auf Rollen festgelegt.
Nicht auf Schuld.
Nicht auf Heldengeschichten.
So können wir sie empfangen –
als stilles Fließen,
als unbekannte Hände in unserem Rücken.
Hände, die uns nichts aufzwingen,
aber vielleicht doch flüstern:
„Wir danken dir, dass du da bist.
Dass du unser Echo hörst –
auch ohne unsere Stimmen zu kennen.“
Unser Erinnern ist nicht an Daten gebunden.
Unser Erinnern ist ein innerer Ruf.
Und wenn wir ihn hören,
dann beginnt etwas zu heilen –
auch ohne, dass wir wissen, was genau es ist.
Wir sind verbunden –
nicht durch Wissen,
sondern durch unser liebendes Lauschen.
Und das genügt. 🤍
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