Wer sich selbst erkennt, braucht keine Bestätigung.
Manchmal stöbere ich durch YouTube – auf der
Suche nach Beiträgen, die mich interessieren könnten. Einiges sehe oder höre
ich mir an, vieles auch nicht.
Oft lese ich die Kommentare, weil mich
interessiert, wie andere Menschen das Gehörte empfinden.
Gestern stieß ich dabei auf einen Beitrag, in dem es
um die „Auserwählten“ ging, und darum, was der Geburtsmonat damit – und mit der
spirituellen Mission - zu tun hat.
Ich hörte es mir nicht an. Erstens, weil mir
diese Sichtweise zu einfach scheint. Und zweitens, weil mir das
Missionierungs-Gen fehlt. Ich brauche keine spirituelle „Mission“.
Die Kommentare aber las ich – und sie klangen
ungefähr so:
„Ich wusste immer, dass ich ein Seelenheiler
bin.“
„Danke für die Bestätigung, dass ich zu den Auserwählten gehöre.“
„Ich habe immer gespürt, dass ich eine besondere Aufgabe habe.“
„Danke, dass ich weiß, dass ich besonders bin.“
„Ich wusste immer schon, dass ich anders bin als alle anderen.“
Die Sehnsucht, besonders zu sein, scheint in
vielen Menschen tief verwurzelt.
Und oft ist es keine Überheblichkeit, sondern das alte Gefühl, nicht genug zu
sein.
Nicht zu zählen. Nicht wichtig zu sein.
Wenn dann ein YouTube-Video sagt: Du bist
auserwählt, klingt das für viele wie die ersehnte Anerkennung.
Das Problem ist nicht die Sehnsucht.
Das Problem ist die Quelle, aus der sie gestillt wird.
Ein großer Teil der spirituellen Szene spielt mit
diesem Hunger – und nutzt ihn.
Begriffe wie Lichtarbeiter, Auserwählter, Aufstiegs-Coach
erzeugen Reichweite.
Bedürftigkeit wird unter dem Deckmantel von Licht und Bedeutung ausgenutzt.
Auch ich war einmal – unbeabsichtigt – Teil eines
solchen Spiels.
Eine selbsternannte Schamanin erzählte mir von zwölf Lichtstrahlen, deren
Bedeutung ich längst vergessen habe.
Sie sah, dass ich die Hüterin des blauen Strahls sei.
Ich fand das schon damals absurd – besonders, als
ich erfuhr, dass sich auch die anderen Strahlhüter allesamt in unserer
Kleinstadt und der Nachbargemeinde befanden.
Welch ein erstaunlicher kosmischer Zufall.
Die eigentliche Frage aber ist: Warum sollte ein YouTube-Beitrag, eine
spirituelle Autorität oder ein spiritueller Titel definieren, wer oder was du
bist?
Echte Besonderheit braucht keine Bühne.
Sie braucht kein Etikett.
Sie entsteht im Inneren – leise und unaufdringlich.
Ein Mensch, der seine Einzigartigkeit wirklich
spürt, braucht keine Bestätigung.
Er weiß es einfach.
Und selbst wenn er es niemandem sagt – er lebt es.
Er braucht keine Rolle.
Denn er ist.
Und das genügt.
Denn das ist alles.
Das ist wahr.
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