Daniel, einer meiner genialsten Lehrer während einer Ausbildung, sagte einst zu mir:
„Wenn du mit dir und deiner Umwelt vollkommen im Reinen bist, dann sticht
dich nicht einmal eine Mücke.“
Diese Worte sind zugleich Einladung und
Herausforderung – und ich habe lange darüber nachgedacht.
Obwohl ich Daniel vor mehr als 30 Jahren zum letzten Mal gesehen habe, sind sie
mir nie aus dem Herzen verschwunden.
Natürlich könnte man diesen Satz als Metapher
deuten – als philosophische Betrachtung.
Man könnte sagen: Wer Ruhe und Gelassenheit kultiviert, entzieht allen
Ärgernissen die Macht über sich.
Oder man könnte die Mücke als Symbol für die kleinen Widrigkeiten des Lebens
sehen.
Aber so hat Daniel das nicht gemeint.
Seine Aussage ging weit über das Symbolische hinaus – er meinte es wörtlich.
Er wollte zeigen, dass unsere äußeren Umstände unmittelbar mit unserem inneren
Erleben verbunden sind.
„Wenn du mit dir und deiner Umwelt vollkommen im
Reinen bist, dann sticht dich nicht einmal eine Mücke.“
Die Tragweite dieses Satzes ist gewaltig.
Daniel wollte sagen: Es ist unser inneres Nein zu uns selbst und zum
Leben, das die Widrigkeiten in unser Erleben zieht.
Wir bekommen nicht, was wir uns wünschen.
Wir bekommen, was wir sind.
Unsere innere Haltung formt unsere äußere Welt –
ob wir das wollen oder nicht.
Das Leben sagt nicht:
„Oh, du versinkst gerade in Groll und Unzufriedenheit. Ich schenke dir zur
Aufmunterung fünf mückenfreie Tage.“
Sondern eher:
„Ah, du hast Ärger, Groll, vielleicht sogar Wut gewählt? Gerne. Ich helfe
dir, das aufrechtzuerhalten. Und falls du noch etwas drauflegen möchtest – ich
hätte da auch noch ein paar Wespen im Programm.“
Das Leben reflektiert unser So-Sein.
Wir bekommen mehr von dem, was wir ausstrahlen.
Wenn das so ist –
wäre es dann nicht klüger, mit sich und der Welt im Reinen zu sein?
Doch wie gelingt das?
Vielleicht beginnt es damit, sich selbst
anzunehmen –
nicht erst, wenn man perfekt ist.
Sondern gerade dann, wenn man es nicht ist.
Vielleicht bedeutet es, auch im Unvollkommenen in
der Liebe zu bleiben.
Nicht ständig zu schauen, was fehlt –
sondern dankbar wahrzunehmen, was ist.
Daniel hat eine tiefe Wahrheit ausgesprochen:
Das Leben ist ein Spiegel.
Unsere äußere Welt zeigt uns unseren inneren Zustand.
Und wenn wir uns entscheiden, uns selbst und
unsere Umwelt radikal zu lieben –
dann, so sagte Daniel ebenfalls,
werden wir – selbst wenn unser Flugzeug abstürzt – nicht darin sitzen.
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