Es ist schon erstaunlich, wie leichtfertig die Menschen mit der Umwelt umgehen. Als hätten wir irgendwo eine Reserve-Erde in petto, die wir nur hervorholen müssen, wenn wir diese hier gründlich ruiniert haben.
Kürzlich erzählte mir eine Bekannte, sie habe für
ihre Kinder im Garten ein Planschbecken aufgestellt. Was soll ich sagen?
Plastik! Natürlich Plastik!
Meine Nachbarin gestern – ich traute meinen Augen
nicht. Eine Plastikeinkaufstüte! Niemals – unter gar keinen Umständen – würde
ich so etwas verwenden.
Ich weiß schließlich, was ich der Umwelt schuldig
bin. Ich persönlich kaufe kein Plastik. Punkt.
Neulich kam meine Freundin zu Besuch. Und was
ragte da frech aus ihrer Tasche? Eine Plastikflasche. Ich schüttelte leise den
Kopf, wollte diese Umweltsünde jedoch großzügig unerwähnt lassen. Aber da sie
mein Kopfschütteln offenbar nicht bemerkt hatte, sah ich mich schließlich
gezwungen, sie darauf hinzuweisen – rein im Dienst der Umwelt, versteht sich.
Ich schüttelte also nochmals den Kopf, diesmal etwas nachdrücklicher, und
bemerkte in ruhigem, aber deutlich vorwurfsvollem Ton:
„Du kaufst Plastik?!“
Sie sah mich lange an. Dann sagte sie trocken:
„Bei dir bekommt man ja schon Schuldgefühle, wenn man eine PET-Flasche nur
anschaut.“
Nun ja – beim Anschauen war es ja nicht geblieben, wie zu sehen war.
Ich erklärte ihr sachlich, dass sie mit ihrem
Verhalten ohne mit der Wimper zu zucken unsere Umwelt zerstöre.
Da kniff sie die Augen zusammen.
„Apropos Wimpernzucken – woraus bestehen eigentlich deine falschen Wimpern?“
„Ach die“, winkte ich ab, „das ist irgendein Poly-Zeugs. Den Namen merk ich mir
nicht.“
„Ein Poly-Zeugs also. Und das ist kein
Plastik?“
Was soll das jetzt? Soll ich mir etwa Wimpern aus Papier basteln?
„Und deine Haar-Extensions – alles Naturhaar?“
Natürlich nicht! Naturhaar ist mir zu teuer. Aber ich wusste, woraus sie waren
– und antwortete stolz:
„Thermoplastisches Polymer.“
Sie ließ nicht locker.
„Hübsche Hose übrigens – so schön glänzend. Auch Poly-Zeugs?“
„Ja. Sieht aus wie Seide, ist aber viel praktischer“, sagte ich trotzig.
Dann schweifte ihr Blick zu meinem Schmuck –
bunte Halskette, Ohrringe, Armbänder.
Ich hob das Kinn. „Recycelt“, betonte ich. Das sieht man doch.
Und dann – der Todesstoß. Ihr Blick fiel auf
meine Yogamatte in der Ecke.
„PVC?“, fragte sie unschuldig.
Langsam reichte es mir.
Ich – moralische Instanz in Umweltfragen – wurde von meiner besten Freundin –
ab heute ehemals besten Freundin
- an den Pranger gestellt.
Wegen einiger, nun ja, unvermeidbarer Kleinigkeiten aus Kunststoff.
Ich wurde regelrecht vorgeführt.
Das ist nicht mein Stil. Da ist keine vernünftige
Kommunikation mehr möglich.
Jeder tut, was er kann. Ich gehe den Weg der
kleinen Schritte.
Ich kaufe keine Plastiktüten. Keine PET-Flaschen. Keine Trinkhalme aus Plastik.
Das sollte fürs Erste genügen.
Und dass sie beim Abschied noch meinte, ich sei
ein Umweltengel mit Plastikflügeln – das kann ich nicht ernst nehmen.
Ein Mensch mit einer PET-Flasche in der Tasche
ist wahrlich nicht in der Position, sich über engagierte Umweltschützer zu
erheben.
Sollte sie sich irgendwann dazu entscheiden, keine PET-Flaschen mehr zu kaufen, können wir weiter reden.
Vorher nicht.
Ich tue, was ich kann. Und was ich nicht kann, erwähne ich am besten nicht. Jeder rettet die Welt eben auf seine Art – ich mit Stofftasche, Wimpernextensions und einer Yogamatte aus PVC.
Ob das widersprüchlich ist? Mag sein.
Aber wie sagte meine Freundin so schön:
„Du bist halt ein Umweltengel. Mit Plastikflügeln.“
Und die müssen ja auch irgendwoher kommen.
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