Freitag, 3. Oktober 2025

Liebe, die nichts will

Wer kennt nicht das Gefühl, jemanden aus tiefster Seele zu lieben? Vollkommen. Ohne Bedingungen.

Doch sind wir wirklich frei von Erwartungen, wenn wir lieben?

Oft knüpfen wir still Wünsche an unsere Liebe. Im Idealfall soll der von uns Geliebte uns zurücklieben. Wenn er das nicht tut, soll er wenigstens anerkennen, dass wir ihn lieben, oder doch zumindest bemerken, dass wir ihn lieben. Und ein wenig dankbar könnte er auch sein, dafür dass wir ihn derart bedingungslos lieben.

Bleibt all das aus, fühlen wir uns allein mit unserer Liebe. Je nachdem, wie nahe uns der andere steht, ziehen wir uns zurück und verweigern unsere Liebe ebenfalls, oder wir lieben weiter, jedoch nicht, ohne ihn zumindest merken zu lassen, dass er unsere Erwartungen nicht erfüllt. 

Ich kannte einmal eine Bettlerin, der ich regelmäßig etwas Geld gab.
Ich liebte diese Frau nicht – aber ich liebte das Gefühl, ihr eine Freude zu machen.
Die Bedingung war: Sie musste sich freuen.
Als sie eines Tages unzufrieden war mit dem, was ich ihr gab, wurde ich innerlich wütend.
Ich hatte ihr etwas gegeben – und unbewusst etwas dafür erwartet. Freude. Dankbarkeit.
Als sie mir das vorenthielt, verlor ich die Freude am Geben.

Ich gab ihr zwar weiterhin Geld, aber ohne Herz. Ohne inneres Ja.
Meine Tochter rückte mit wenigen Worten meine Sichtweise wieder gerade. Sie sagte:
„Du musst eine Entscheidung treffen.
Entweder du lernst, Nein zu sagen, und gibst ihr nichts mehr –
oder du gibst ihr weiterhin etwas, aber dann mit offenem Herzen.
Mit einer Freude, die sich selbst genügt.
Nicht mit der Erwartung, dass sie sich auf eine bestimmte Weise verhalten muss.“

Und sie hatte, wie so oft, recht.

So ist es auch mit der Liebe.
Wirklich zu lieben bedeutet, eine Entscheidung zu treffen:
Entweder wir verschließen unser Herz – oder wir öffnen es ganz.
Dann aber dürfen wir unsere Liebe nicht an Bedingungen knüpfen.
Nicht an Verhalten. Nicht an Erwiderung.
Wahre Liebe ist ein Geschenk, das sich selbst genügt.

Das ist nicht immer leicht.
Wir sind geprägt vom Wunsch nach Anerkennung, Nähe, Erwiderung.
Doch die größte Freiheit liegt in den leisen Worten

„Ich liebe dich –
aber ich brauche nichts von dir.
Mein Herz ist offen für dich.
Meine Arme sind offen für dich.
Mein Haus ist offen für dich.
Du musst nichts dafür tun.
Und du musst nichts davon in Anspruch nehmen.
Es ist deine Entscheidung. Deine Freiheit.
Und was immer du tust oder nichts tust - 
es wird nichts ändern an meiner Haltung. 
Niemals.“

Das ist Liebe in ihrer reinsten Form.
Das ist Weite. Das ist Freiheit. Das ist Glück.
Das ist der Moment, in dem wir aufhören zu fordern –
und beginnen zu lieben.



1 Kommentar:

  1. Ich gebe Dir in allem was du da sagst absolut recht ...... wenn´`s nur so einfach wäre

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