„Ich habe keinen Stress. Ich mache mir einfach keinen.“
Sagt der, der völlig überzogen reagiert, wenn vor ihm in der 70er-Zone ein Auto mit 65 fährt.
„Ach, ich bin so im Stress. Ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht.“
Sagt der, der heute im Büro nur drei Rauchpausen statt fünf machen konnte.
„Ich führe ein total entspanntes Leben.“
Sagt der, der auf dem Sofa sitzt und sich Sorgen um seine Gesundheit, seine Kinder und die Zukunft macht.
Was ist Stress wirklich?
Stress ist nicht einfach das, was wir zu tun oder zu lassen haben. Nicht die Menge an Arbeit, nicht der volle Terminkalender.
Stress ist unsere persönliche Reaktion auf innere oder äußere Reize. Er entsteht nicht automatisch durch Belastung – sondern durch unsere Bewertung einer Situation und den Umgang damit.
Stress ist also keine objektive Tatsache, sondern ein Zusammenspiel aus inneren Haltungen, Erfahrungen und aktuellen Umständen.
Typische Auslöser kennen wir viele:
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Unerwartete Veränderungen
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Leistungsdruck im Job oder Privatleben
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Zwischenmenschliche Konflikte
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Gesundheitliche Sorgen oder Zukunftsängste
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Fehlende Erholungsphasen
Aber oft geht es gar nicht um große Belastungen.
Oft ist es viel subtiler.
Kleine Ärgernisse, große Wirkung
Manchmal sind es die alltäglichen Kleinigkeiten, die uns aus der Fassung bringen – weil wir ihnen mehr Bedeutung geben, als sie eigentlich verdienen.
Und dann gibt es da noch unsere Geschichten.
Die wir erzählen. Und wieder erzählen. Und wieder erzählen.
Nicht nur anderen – vor allem uns selbst.
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Vor drei Wochen hat uns ein Autofahrer riskant überholt. Und wir erzählen die Geschichte immer noch – mit Wut im Bauch.
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Vor zehn Jahren hat der Nachbar den versprochenen Zaunbau abgesagt. Wir können immer noch nicht drüber lachen.
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Vor sieben Jahren ein Fehler im Job, eine heftige Rüge – wir erzählen es niemandem, aber denken noch heute daran. Immer wieder.
Und unser Unterbewusstsein?
Das reagiert jedes Mal so, als wären wir wieder mitten in der Situation.
Mit den gleichen Stresshormonen wie damals.
Unser Körper kennt keine Vergangenheit
Unser Unterbewusstsein unterscheidet nicht zwischen „damals“ und „jetzt“.
Es reagiert auf das, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten – und startet zuverlässig die altbekannte Alarmkaskade.
So fühlen wir uns auch Jahre später noch gestresst – obwohl das Ereignis längst vorbei ist.
Was wir tun können
Zuerst dürfen wir anerkennen:
Stress entsteht in uns.
Nicht alles im Außen müssen wir als Bedrohung empfinden. Nicht jede Herausforderung ist ein Drama.
Manchmal hilft es schon, einen Moment innezuhalten und sich ehrlich zu fragen:
Warum reagiere ich gerade so?
Möchte ich diese Geschichte wirklich nochmal erzählen?
Ist das gerade wirklich so wichtig?
Wir können:
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Geschichten loslassen, die uns in der Schleife halten
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Ereignisse neu bewerten
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Unsere Aufmerksamkeit auf das richten, was nährt – nicht auf das, was zehrt
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Und: öfter lachen. Wirklich lachen. Auch über uns selbst.
Und natürlich:
Regelmäßige Erholung.
Nicht als Luxus – sondern als liebevolle Pflicht uns selbst gegenüber.
Und vielleicht…
… sitzen wir eines Tages auf dem Sofa – gelassen, friedlich, in uns ruhend –
und können aus vollem Herzen sagen:
„Ich habe keinen Stress. Ich mach mir einfach keinen.“
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