Freitag, 12. September 2008

My Way

Als ich begann, mich ernsthaft mit meiner eigenen Entwicklung zu beschäftigen, war ich 38 Jahre alt. Meine Mutter war gerade gestorben. Die Zeit, die ihrem Tod vorausgegangen war, war intensiv, fordernd – und für meine Schwester und mich auch emotional sehr belastend. Nachdem sie gegangen war, verspürten wir beide das dringende Bedürfnis, aus dem Haus zu kommen. Raus aus der Schwere, dem Schmerz, der ständigen Gegenwart des Todes. Wir mussten etwas tun, das uns wieder ins Leben holte – am besten sofort.

So kamen wir auf die Idee, gemeinsam einen Kurs zu besuchen.

Meine Schwester – voller Hoffnung auf bislang unentdecktes handwerkliches Geschick – schlug einen Makramee-Kurs vor. Damit konnte ich allerdings nichts anfangen. Ich selbst hatte die romantische Vorstellung, Panflöte zu lernen. Doch das fand wenig Anklang bei meiner Schwester. Also entschieden wir uns für einen Yogakurs. Damit konnten wir wenigstens beide nichts anfangen – und genau das war unsere gemeinsame Basis.

Was folgte, veränderte mein Leben auf eine Weise, die ich nicht geahnt hatte.

Meine Vorstellung von Yoga war naiv. Ich wusste zwar, dass Yoga mehr ist als Sitzen im Lotussitz und entspanntes Atmen – ich wusste auch, dass es körperliche Übungen umfasst. Aber ich war überzeugt, diesen Anforderungen spielend gewachsen zu sein. Immerhin war ich früher sportlich gewesen und hatte nie Zweifel an meiner Beweglichkeit gehegt – auch wenn ich sie in den letzten fünfzehn Jahren nie überprüft hatte. Und ehrlich gesagt: Ich hielt Yoga eher für etwas, das man älteren Damen verschreibt – eine Art Wellness-Turnen im sanften Dämmerlicht.

Im Geiste sah ich mich schon als strahlende Königin einer Runde steifer Pensionistinnen glänzen.

Die Stunde der Wahrheit kam schneller, als mir lieb war.

Zwar war die Gruppe bunt gemischt und keineswegs nur aus jungen oder durchtrainierten Teilnehmern zusammengesetzt. Doch ich war – zu meiner eigenen Überraschung – nicht die strahlende Ausnahme. Im Gegenteil: Ich war steif. Sehr steif. Meine Beine weigerten sich standhaft, sich zu beugen. Ich konnte nicht einmal mit gestreckten Beinen meine Zehen berühren. Mein Körper – jahrelang im Wartestand – hatte sich offenbar an einen Zustand der Bewegungsverweigerung gewöhnt und war nicht bereit, ihn kampflos aufzugeben.

So stand ich da. Illusionen geplatzt. Erkenntnis gewonnen.

Aber etwas in mir war geweckt worden. Eine Entschlossenheit. Ein Wunsch nach Veränderung. Ich begann, mit Hingabe zu üben – und stellte fest, dass nicht nur mein Körper sich nach und nach öffnete. Auch mein Inneres begann sich zu wandeln. Ich lernte, mich selbst wieder wahrzunehmen. Meinen Körper zu spüren. Meine Gefühle zu fühlen. Ich lernte, mich zu entspannen. Und je beweglicher mein Körper wurde, desto mehr kehrte auch Freude in mein Leben zurück. Freude an der Bewegung. Freude an mir selbst. Freude am Dasein.

Zwei Jahre später begann ich die Ausbildung zur Yogalehrerin.

Das war der Anfang eines langen, manchmal leichten, manchmal schmerzhaften – immer aber heilsamen – Weges des bewussten Lernens und inneren Wachstums.

Seit 1995 unterrichte ich nun Yoga. Und ich habe im Laufe der folgenden Jahre noch mehrere Ausbildungen absolviert. So die Ausbildung zur Shiatsu-Praktikerin, die Ausbildung zur Bachblütenberaterin und die Ausbildung zur Mentaltrainerin und Kindermentaltrainerin.

Und ich darf seither viele wunderbare Menschen auf ihrem ganz eigenen Weg begleiten. Menschen, die – wie ich damals – vielleicht aus einem Impuls heraus beginnen, neue Wege einzuschlagen. Menschen, die erkennen, wonach ihre Seele sich sehnt. Menschen, die sich erinnern wollen, wer sie wirklich sind. 



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