Donnerstag, 19. Februar 2015

Der Bär, der Tiger und der Jäger

Einst bahnte sich ein Jäger seinen Weg durch das dichte Grün des Dschungels, als er sich plötzlich dem König des Waldes, einem mächtigen Tiger, gegenüber sah. In wilder Flucht, schon den heißen Atem hinter sich spürend, kletterte der Jäger rasch auf den nächsten großen Baum - weit hinauf, um der Reichweite der scharfen Krallen zu entrinnen.
Hoch oben in diese Krone hatte sich auch ein Bär zurückgezogen, um dort zu meditieren. Der Tiger rief ihm zu: "He, Gevatter Bär. Sieh nur unseren gemeinsamen Feind. Hunderte unschuldiger Tiere hat er getötet. Die Köpfe und Felle unserer Verwandten schmücken sein Haus, und er brüstet sich als Krone der Schöpfung. Los, wirf ihn herab. Ich bin hungrig und will ihm seinen verdienten Lohn geben."
Darauf sprach der Bär: "Lieber Tiger, dieser Jäger hat in meinem Haus Zuflucht gesucht. Einen Hilfesuchenden auszuliefern ist ein Unrecht. Ja, auch wenn dieser Mann aus Gier und Habsucht handelte, so ziemt es sich doch nicht für ein Wesen von höherer Intelligenz, einen Schwachen und Bedrängten dem Tode zu weihen."
Da sprach der Tiger zu dem Jäger: "He, Jäger, wie du hörst, wird der Bär dir nichts tun. Los, wirf ihn herab. Ich bin hungrig, und nachdem ich ihn gefressen haben werde, kannst du getrost weiterziehen. Das verspreche ich bei meiner Königsehre."
Da gab der Jäger dem Bären einen kräftigen Tritt, damit dieser aus dem Baume fiele. Der Bär jedoch konnte noch rasch einen anderen Ast ergreifen und sich retten.
Darauf hob der Tiger wieder an: "He, Bär, da siehst du die abscheuliche Gesinnung des Menschen. Er betrachtet uns Tiere als niedrige Wesen und ist sich nur selbst der Nächste. Er verleumdet unsere große Mutter und seine eigene Herkunft, Er ist der Feind aller Lebewesen. Jetzt, da er dich töten wollte, kannst du ihn mir getrost übergeben."
Darauf sprach der Bär: "Noch nie habe ich gehört, dass Rache einem Wesen nützlich wäre. Vielmehr tötete dieses Gift auch immer seinen Wirt. Unrecht mit Unrecht zu vergelten ist eine große Sünde, und ein Wesen mit höherer Intelligenz lädt niemals eine solche Sünde auf sich. Ich will und werde meine Werte, nach der Wahrheit zu streben, nicht aufgeben. Selbst wenn jemand gemein und hinterlistig handelte, so ziemt es sich für kein Wesen, sich zu erniedrigen. Nur der Schwache gibt leichtfertig seine Werte auf."


aus Kukulu Kumuhaha, das Wunder der Segnung 
von Ulrich Duprée und Andrea Bruchacova 
(2014 bei Kailash/Random-House)

Donnerstag, 12. Februar 2015

Eine buddhistische Weisheit...

Solange du dem anderen sein Anderssein nicht verzeihen kannst, 

bist du noch weit ab vom Weg der Weisheit!